Lizzi

Liebe Lizzi, passt bei Dir alles in München?
Scho! Denn vor eineinhalb Jahren bin ich im Hundeparadies gelandet. Zumindest stelle ich es mir so vor. Mit umgänglichem Frauchen, kuschelsüchtigem Herrchen, zwei netten Mädchen, die mich verwöhnen und mit mir spielen, weichen Betten und Sofas, der Isar vor der Haustür, Bio-Hundefutter und auch ab und zu mal was vom Tisch. Ich bin ja von Natur aus ein dünner Hering, da macht mir das nix. Toll finde ich auch meinen Freund Oscar, einen sexy Boston Terrier, der zwei Stockwerke über mir wohnt und mich immer donnerstags den ganzen Tag lang besucht. Dann küssen und beknabbern wir uns, dass Frauchen ganz rot wird. Ab und zu geht’s zu Oma und Opa aufs Land. Dort finde ich es mega: Garten, Wald hinter der Haustür – und Leberwurst vom weltbesten Metzger.
Hört sich fast zu idyllisch an.
Unglaublich, oder? Deshalb traute ich dem Ganzen die ersten drei Monate auch überhaupt nicht. Ich hatte Angst vor der Dunkelheit – nachts Gassigehen fand ich extrem blöd. Ich fürchtete mich vor Bussen, vor Männern mit und ohne Käppis, vor Steinskulpturen, vor meinem eigenen Schatten … Schutzsuchend hüpfte ich ständig an meinem Frauchen hoch und umklammerte ihr Bein. Oder Herrchen musste mich tragen. Alter, ist mir das heute peinlich! Die Hundewiese hat sich bestimmt bepinkelt vor Lachen. Meine Familie ignorierte meine Panik weitgehend. Also tat ich das irgendwann auch. Als ich im ersten Sommer dann mit in die Ferien nach Istrien durfte und drei Wochen komplett mit meiner gesamten neuen Gang zusammen war, merkte ich endgültig: easy hier. Kannst auf Relax-Modus schalten.
Was mag Deine Familie besonders an Dir?
Ich sag jetzt mal bescheiden: meinen guten Charakter. Ich bin im Haus anschmiegsam, fröhlich und leise. Draußen verstehe ich mich mit allen: Hunden, Kindern, Joggern, Radlern … Und renne wie eine Irre durch die Isarauen. Mein Frauchen sagt, ich sei hyperaktiv. Aber ich glaube, sie mag meine wilde, tolpatschige Seite, denn sie grinst dabei immer so deppert. Nach langer Zeit hinter Gittern habe ich halt Nachholbedarf. Im Sommer widme ich mich ganz meinem Lieblingshobby: Schmetterlinge und andere Insekten jagen. Übrigens das einzige, was ich jage. Ich bin zwar ein eleganter und wunderschöner Vorstehhund (erwähnte ich schon, dass ich sehr bescheiden bin?) und mit meinen langen Beinen auch ein Super-Joggingpartner, aber ich bleibe immer brav bei meinen Menschen. Ich folgte von Anfang an wie eine Eins und darf deshalb meist ohne diesen blöden Haltestrick unterwegs sein. Als Ex-Streetworker habe ich halt eine Riesenpanik davor, wieder alleine zu bleiben. Weil ich ein schlaues Mädchen bin und mich die Kinder mit Wienern bestechen, wenn ich mache, was sie sagen, lernte ich auch sämtliche Befehle schnell.
Du bist ja der perfekte Hund!
Äh, nicht ganz. Wegen meiner Trennungsangst hasste ich es anfangs, alleine zuhause zu bleiben. Um mich etwas abzulenken, verschönerte ich die Wohnung – knabberte Frauchens beste Ledertaschen sowie Telefon- und Computerkabel durch, hexelte Zimmerpflanzen und jaulte dazu. Nach Frauchens selbstgezimmerter Trauma-Therapie bleibe ich nun immerhin eine Stunde solo, ohne durchzudrehen. Außerdem habe ich auf Empfehlung der Tierärztin eine Hundebox bekommen, in der ich mich auch alleine sicher fühle und schon mal zwei, drei Stunden entspannt drinbleibe. Außerdem vertrug mein empfindlicher Magen das Autofahren die ersten Monate schlecht. Meine „Diener“ brachte es manchmal an den Rand des Nervenzusammenbruchs, wieder die Polster zu schrubben. Dann entdeckten sie ein Heilmittel. Vor jeder Fahrt schieben sie mir nun fünf Nux-Vomica-Globuli ins Maul. Mit Erfolg, ich halte jetzt absolut dicht. Apropos dicht: Obwohl ich von Anfang an stubenrein bin, habe ich leider eine Konfirmandenblase. Es geht also ab und an mal was auf den Teppich. Schwamm drüber.
Du hörst Dich jetzt ein bisschen an wie ein Kleinkind.
Nur nicht frech werden. Aber okay, ich gebe zu, dass ich ein rechter Kindskopf bin. Meine Tierärztin meint: „Lizzi, vielleicht bist du ja etwas zu früh kastriert worden?“ Andererseits macht das genau meinen jugendlichen Charme aus. Denn so viel Lebenslust hat kein Mensch!